Ankerlieger in der Admiralty Bay
Der letzte Tag des Jahres - und wieder ein schöner Tag im Paradies...
Nach dem Frühstück "satteln" wir unser Schlauchboot und erkunden den Ort. Vor 30 Jahren, als ich schon einmal hier war, gab es noch deutlich weniger Bebauung. Inzwischen sind viele Bars und Hotels hinzu gekommen, aber glücklicherweise keine Bettenburgen, sondern schön ortstypisch gebaut und eher im kleinen Format. Nach den Tobago Cays und der Salt Whistle Bay ist unser Proviant geschrumpft. Auf Empfehlung der "Tangaroa"-Crew suchen wir den Shop von Doris auf, deren Versorger ihres Vertrauens.
Walknochen "schmücken" den Eingang zur Bar Whaleboner.
Zuerst kommen wir aber am Frangipani vorbei. Diese Bar ist der Seglertreff schlechthin und besteht schon seit mindestens drei Jahrzehnten, denn sie hatte schon bei meinem ersten Aufenthalt hier einen legendären Ruf. Der Name kommt vom Frangipani-Baum direkt vor dem Eingang. Hier im Bild ist allerdings die benachbarte Bar Whaleboner zu bestaunen. Zwei Kieferknochen eines Wals säumen den Eingang, überall gibt es weitere Skelettteile von Walen. Bequia war einst Zentrum des hiesigen Walfangs.
Blick vom Pfad am Wasser über die Admiralty Bay
Der Weg besteht aus einem recht schmalen und langen Pfad zwischen den Bars und dem Wasser.
Kurz vor dem "Zentrum" kommen wir tatsächlich an einem Schiffsausrüsterladen vorbei! Ich kann endlich ein paar Schäkel erstehen, als Ersatz und Reserve für diejenigen, die auf der bisherigen Reise auf unerwartete Weise das Schiff Richtung Wasser verlassen haben.
Der Eingang zu Doris' Yacht Provisioning führt furch einen gepflegten Garten.
Google Maps weist uns den Weg ein paarmal um die Ecken in eine Seitenstraße. Und da sind wir endlich: Doris' Fresh Food liegt in einem liebevoll gepflegten Garten. Vor dem Eingang möchte eine Mitarbeiterin tatsächlich unseren Corona-Impfnachweis sehen - das haben wir auf dieser Seite des Atlantiks noch nicht erlebt; aber okay, dient ja nur dem Schutz der Kunden und Mitarbeiter.
Drinnen angekommen wissen wir auch, warum. Denn Social Distance ist kaum möglich bei den eng stehenden Regalen. Die Breite der Gänge reicht höchstens für eine Person, mit Rucksack wird es schwierig. Es gibt alles, was das zivilisierte Herz aus den Industrieländern begehrt. Das Angebot reicht von Vollkornbrot über Schokolade bis zu einer größeren Auswahl an Spirituosen. Vor allem machen Obst und Gemüse einen guten Eindruck. Die Preise sind typischerweise hoch, denn fast alles hier ist importiert.
Blick vom erhöhten Pfad um einen Felsen herum.
Wir sind auf der Suche nach einem WLAN, denn unsere in Clifton Harbour auf Union Island erworbenen SIM-Karten vom Netzbetreiber "Flow" sind zwar auch hier gültig, aber um Fotos nach Hause zu schicken und für die zahlreichen Silvestergrüße bevorzugen wir einen kostenlosen Netzzugang. Allein, free Wifi steht zwar hier und da dran an den Bars. Die sind aber in der Mittagszeit entweder geschlossen oder so free denn doch nicht. Man braucht durchaus ein Passwort, das man aber nur drinnen bei einer Bestellung in Erfahrung bringen kann.
Wir schlagen mit dem Schlauchboot die Richtung weg vom Zentrum zur anderen Seite der langgezogenen Bucht ein. Wir landen am Strand und finden eine Bar mit Wifi. Wir bestellen zwei Biere, erfragen das Passwort und mühen uns mit dem langsamen Netzzugang ab. WWW hieß früher: weltweites Warten. Heutzutage sind wir Schnelleres gewohnt. Nun ja, Entschleunigung ist hier das Motto!
Hairoun ist ein lokal gebrautes Bier.
Wir wundern uns, dass die anderen Gäste fast ausschließlich deutsch sprechen. Da müssen wir etwas vorsichtiger mit der Lautstärke sein beim Lästern...
Am Strand steht außerdem ein Security-Mann von der Polizei, auch merkwürdig. Nach einiger Zeit brechen fast alle Gäste gleichzeitig auf. Ein mittelgroßer Bus hält vor der Bar, alle steigen ein. Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Auf dem Poloshirt der Reiseleiterin erkenne ich das AIDA-Logo. Es handelt sich also um einen Landausflug eines AIDA-Kreuzfahrtschiffes! Das liegt wohl in einer anderen Bucht, denn gesehen haben wir keins. Jetzt, nachdem die Kreuzfahrttouristen weg sind, wird das Internet mangels Belastung endlich ein wenig schneller. Trotzdem müssen wir noch zwei weitere Biere bestellen, um die Zeit zu überbrücken, bis unsere Netzaktivitäten beendet sind.
Leckere Ente mit Kartoffel-Wedges und Salat, aber ein hungriger Skipper füllt damit nur einen hohlen Zahn
Wo nehmen wir unser Festessen zu Silvester? Wir hatten ein Plakat und Handzettel gesehen, dass am anderen Ende des Ortes eine große Silvesterparty steigen soll: Free Entry, BBQ, Music! Das wollen wir uns erstmal anschauen. Die Bar liegt allerdings am jenseitigen Ende des Ortes, also steht ein langer Fußweg an.
Dort angekommen, stellen wir fest: Nur Locals, keine Touristen, Musik ohrenbetäubend laut. Das BBQ duftet zwar lecker, aber besteht vermutlich aus den hier üblichen Chicken und Pork. Nach unserer fast ausschließlich vegetarischen Kost der letzten Wochen ist dieses Gesamtpaket nichts für uns. Also retour, wieder zur Wasserfront mit den vielen Bars und Restaurants.
Mittlerweile ist es dunkel geworden. Wir schlendern wieder auf dem schmalen Pfad entlang und stellen fest, dass fast überall festlich geschmückt ist. Im Frangipani wird eine Band spielen. Die Terrasse ist mit Tüchern verhüllt, damit man Eintritt bezahlen muss, um die Band zu sehen. Die Gäste sind allerorten mit dem Begrüßungscocktail beschäftigt. Die meisten Restaurants bedauern, wenn wir nicht reserviert haben, ist nichts zu machen. Schließlich landen wir in Mac's Pizza. Dort waren wir am Nachmittag weggegangen, nachdem uns die Bedienung eine halbe Stunde lang ignoriert hat. Also zweiter Versuch. Ein Altvorderer mit ansehnlichen Rasta-Locken, vermutlich Mac himself, kommt zu uns an den Tisch, bringt die Karte und verrät uns unaufgefordert das WLAN-Passwort: awesomepizza. Wie passend.
Das Fischgericht ist lecker, die Portion für meinen Hunger zu klein, der Fruitpunsch mundet. Nachdem wir aufgegessen haben, ist es nicht einmal zehn Uhr. Noch zwei Stunden bis Neujahr... Wir haben uns jetzt eineinhalb Monate zu zweit auf der Pelle gehockt. Der Gesprächsstoff ist uns ausgegangen. Ich werde müde. Also rein ins Schlauchboot und zurück an Bord. Merle brezelt sich aber ordentlich auf und will noch auf die Piste. Sie nimmt das Schlauchboot, und weg ist sie. Ich falle schlicht und ergreifend hundemüde in die Koje und verschlafe den Jahreswechsel.
Sonnenuntergang in der Admiralty Bay
Wir liegen lange in der Koje, Merle schlafend, ich lesend und dösend. Das Neujahrs-Frühstück gibt es gegen Mittag. Feierwütige haben ihre Schlauchboote zusammengebunden und treiben feiernd und trinkend quer über die ausgedehnte Bucht an den ankernden Yachten vorbei. Als wir mit dem Dinghi an Land motoren, lädt uns eine Truppe winkend und grölend ein mitzumachen. Wir haben aber null Alkohol an Bord, außerdem steht uns nicht der Sinn nach so einem Gelage.
Auf dem Rückweg zu Joli Ame kommen wir an einer deutschen Ketsch vorbei. Merle merkt an, dass sie die Art und Weise, wie dort die Nationalflagge oben am Besanmast flattert, bisher nur bei "Civetta" gesehen hat, also der Halberg Rassy, die wir in A Coruña und Lissabon getroffen haben. Tatsächlich, das IST Civetta! Niemand an Bord. Schade! Ein kurze Nachricht an Christopher wird nicht beantwortet. Ein, zwei Tage später erhalten wir seine Nachricht, dass die Crew für mehrere Tage abwesend war. Irgendwann werden wir uns wohl wieder begegnen...
Merle recherchiert, wo wir einen Corona-Test machen können, um nach Martinique einreisen zu können. Das geht eigentlich nur in Kingstown, der Hauptstadt von St. Vincent & the Grenadines auf der Hauptinsel St. Vincent. Morgen machen wir uns auf den Weg dorthin.