"> Von Le Havre bis zur Biskaya

Samstag/Sonntag, 9. und 10. Oktober 2021

So, Götz ist abgereist, am Sonntagabend kommt meine Tochter Merle. Die hat bis dahin das Schiff noch nie in natura gesehen, klar, sie war ja auch in München mit ihrer Masterarbeit beschäftigt.

Bis dahin gibt es reichlich zu tun. Auf dem Rückweg vom Bahnhof kaufe ich im Apple-Laden zwei Ladekabel für die beiden iPads an Bord. Eins der Kabel hatte draußen an der Steuersäule seinen Geist mit nächtlichen Funken ausgehaucht. Bevor eins der anderen draufgeht, besorge ich lieber Ersatz. Die Suche nach einer wasserdichten Hülle für das iPad Air, das im Cockpit die AIS-Daten anzeigt, bleibt auch nach dem fünften Geschäft erfolglos. Also zurück an Bord, Großreinemachen. Ich bereite die Achterkabine für Merle vor, putze die Bäder, sprich: Nasszellen, und den gesamten Innenraum. Der "Ghostbusters"-Rucksackstaubsauger ackert bis zur Überhitzungsabschaltung.

Noch am Ijsselmeer hatten mich die Voreigner gefragt, ob ich gern den alten oder den zweiten funkelnagelneuen Segelsatz aufgezogen haben möchte. Ich hatte mich für die neuen Segel entschieden. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass das neue große Vorsegel ständig im Achterliek flattert, was ich ihm auch mit Einstellen der Achterliektrimmleine nicht abgewöhnen konnte. Das kleine Vorsegel hat etwas weniger Fläche als das alte. Beim Großsegel ebenso. Deshalb wechsele ich die Segel von neu nach alt. Ganz allein, nur auf dem Schiff kann ich zwar das kleine Vorsegel noch einigermaßen zusammenlegen und aufrollen. Die große Genoa allerdings kann ich auf dem Vordeck nicht bändigen und stopfe sie etwas unorthodox in den Segelsack. Weil diese dicke Wurst durch keine Luke passt, binde ich sie kurzerhand auf dem Vordeck fest. Als ich dann das Großsegel wechseln will, kommt Wind von hinten auf. Wenn ich jetzt das Segel ausrolle, zieht das Boot den ganzen Schwimmsteg weg. Also lasse ich das neue Großsegel drauf. Hat etwas weniger Segel-PS, aber wahrscheinlich werde ich die auf der Biskaya nicht brauchen.

Rathaus von Le Havre

Rathaus von Le Havre

Als ich gerade fertig bin, reicht die Zeit nicht mehr zum Duschen. Ab zum Bahnhof, Merle abholen. Dort bin ich etwas zu früh und muss 20 Minuten warten. Der Zug hat aber erstaunlicherweise "Verfrühung". Mithilfe meines Klapprollers bugsieren wir Merles Tasche und den Rollkoffer zum Schiff. Nach dem für beide anstrengenden Tag gehen wir früh schlafen. Wird ja morgen auch wieder kräftezehrend.

Merles erster Sonnenaufgang an Bord

Merles erster Sonnenaufgang an Bord

Montag, 11. Oktober 2021

Früh aus den Federn fängt den ersten Wurm - äh, irgendwie heißt das anders. Jedenfalls dämmert es noch, als wir frühstücken und ablegen. Die Marinaausfahrt liegt direkt an der großen Hafenausfahrt, also geht es nur ganz kurz um die Ecke, und raus sind wir. Merle genießt den ersten Sonnenaufgang an Bord. Schon bald setzen wir Segel und machen gute oder besser normale Fahrtgeschwindigkeit. Allerdings erweist sich unsere Fahrtstrecke als üble "Schlaglochpiste", sprich es schaukelt ganz schön. Merle kommt ganz schnell zurück, nachdem sie "für kleine Mädchen" unter Deck war. Auch mir ist bei einem kurzen Gang unter Deck recht mulmig, immerhin war ich drei Tage im Hafen und an Land. Seekrankheit ist eben eine böse Geißel der Menschheit und kann einem die Bootsfahrerei ziemlich verleiden.

Im Laufe des Tages nimmt die Schaukelei aber ab, und es wird ein schöner, wenn auch frischer Segeltag. Aus den diversen Schichten Klamotten kommen wir auch bei Sonnenschein nicht heraus.

Das Timing für die Gezeitenströme stimmt, am Pointe des Mares = Nordostecke der Halbinsel Cotentin kommen wir so an, dass der Tidenstrom uns mit bis zu vier Knoten um die Ecke schiebt. Eine Untiefentonne liegt als Wegpunkt vor uns. Ich möchte links an ihr vorbei. Der gewaltige Strom schiebt uns aber immer weiter nach rechts. Im letzten Moment lege ich hart Ruder, um doch rechts an der Tonne vorbeizugehen. Mit gefühlten zwei Meter Abstand schießen wir an der Stahlkonstruktion vorbei. Mann, war das knapp! Das hätte um Haaresbreite das Ende der Reise sein können. Verdammt viel Schwein gehabt...

Merles erster Sonnenuntergang

Merles erster Sonnenuntergang an Bord

Bis wir die Hafeneinfahrt von Cherbourg erreicht haben, wird es dunkel. Und zwar genau bei Einfahrt in den großen Vorhafen zappenduster. In der Lichterfülle der Stadt die rote und grüne Befeuerung der Marinaeinfahrt zu finden, wäre ohne Seekartenplotter ein schwieriges Unterfangen. Ach, wie leicht macht es heute doch die "Knöpfchennavigation"! Ich erinnere mich noch an ähnliche Situationen zu Beginn der Neunzigerjahre, z. B. bei der Einfahrt nach Casablanca. Da sagte der Skipper: "Wir fahren einfach den Fischkuttern hinterher, dann finden wir die Hafeneinfahrt!"
Bis wir in der Marina festgemacht haben, ist es fast 22 Uhr. Schnell essen und in die Koje. Um günstigen Schiebestrom zu erwischen, sollten wir morgen etwa um 9 Uhr an der Nordwestecke der Halbinsel sein. Das bedeutet ab halb sechs Uhr aufstehen. 


Mütze Schlaf für den Skipper

Mütze Schlaf für den Skipper

Dienstag, 12. Oktober 2021

Und doch verschlafen... Na gut, nur eine halbe Stunde. Nach schnellem Frühstück legen wir bei völliger Dunkelheit ab. Vorher singen wir per Whatsapp noch ein Ständchen für Solveig, denn die hat heute Geburtstag.
Mangels Wind geht es per Motor nach Nordwesten zur Rundung des Cap de la Hague. Wir erwischen den Tidenstrom genau richtig und schießen wieder mit knapp vier Knoten Strom von hinten voran. Wegen der Dünung schlackert der Großbaum etwas hin und her. Plötzlich macht es "Plopp", und der Großbaum schlägt nicht nur etwas, sondern ziemlich weit hin und her. Ein Fußblock der Großschot vor der Sprayhood baumelt in der Höhe herum. Oh nein! Eine genauere Untersuchung ergibt, dass die Verschraubung des Fußblocks "ab" ist. Ich baue aus einem Reserveschäkel und einem Dyneema-Schäkel eine Hilfskonstruktion und befestige den Fußblock wieder auf dem Traveller. Während ich konzentriert auf dem Kajütdach herumrutsche, rauscht etwa zehn Meter neben dem Boot eine Untiefentonne vorbei. Besser gesagt, wir rauschen an der Tonne vorbei. Mannomann, schon wieder Schwein gehabt. Genausogut hätten wir genau drauf ballern können. Wir sollten das Glück besser nicht überstrapazieren.

Seegrenze zwischen UK und France

Seegrenze zwischen UK und France

Zwischen dem Cap de la Hague und der Kanalinsel Alderney geht es hindurch. Es kommt Wind auf, und zwar aus günstiger Richtung Nordnordwest. Guernsey lassen wir links liegen und nehmen Kurs auf Roscoff. Weil die Strecke lang ist und eine Nachtfahrt bevorsteht, lege ich mich zu einem Nickerchen hin. Später aktivieren wir die Hydrovane, die Windsteueranlage. Bei Nordnordwestwind und damit Halbwindkurs kann sie erstmals so richtig zeigen, was sie kann. Allerdings müssen wir, die Hydrovane und ich, uns erst aneinander gewöhnen. Ich probiere verschiedene Konstellationen von Übersetzungseinstellung, Korrektur der Segel- und Hauptruderstellung, bis ich eine vorerst passable Lösung finde. 

Wir rechnen aus, wann wir Roscoff erreichen werden: mitten in der Nacht. Das hilft uns nicht wirklich. Wir beschließen, gleich um die Nordwestecke der Bretagne herum zu gehen. Dort vor der Einfahrt nach Brest liegt Camaret sur Mer. Das soll unser Ziel sein. Die Nacht wird wieder einmal kalt und ungemütlich. Wir wechseln uns mit dem Schlafen ab. Immerhin dröhnt nicht der Motor unter Deck, und durch den Winddruck in den Segeln liegt das Schiff einigermaßen stabil, ohne große Schaukelei.

Delphin bei der Ile d'Ouessant

Delphin bei der Isle d'Ouessant

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Früher habe ich schon öfter mal  meinen Geburtstag ganz still für mich gefeiert, seit 29 Jahren allerdings immer mit meiner Frau Solveig zusammen. Persönlich kann mir diesmal nur Merle und die Natur um uns gratulieren. Im Laufe des Tages erreichen mich sehr viele Glückwünsche per Whatsapp und per Telefon.

Im Sonnenaufgang umkreisen uns Vogelschwärme und Delphine. Einige Vögel stürzen sich wie Kamikaze aus größerer Höhe mit angelegten Flügeln senkrecht ins Wasser, um dort einen Fisch zu ergattern. Die Technik scheint zu funktionieren. 

Die Durchfahrt zwischen dem Festland und der Ile d'Ouessant gilt als eine der gefährlichsten in ganz Europa. Bei ungünstigem Tidenstrom gegen starken Wind wird die Wasserstraße zum Inferno. Das Foto des Leuchtturms vor der Ile d'Ouessant eingehüllt in Gischtwolken der Brandung ist berühmt.
Wir kommen bei Stillwasser, Windstille und friedlichem Sonnenschein dorthin. Das nenne ich ein Geburtstagsgeschenk und segele bei spiegelglattem Wasser mit zwei bis drei Knoten Fahrt im Genussmodus durch die berüchtigte Enge. Delphine begleiten uns verspielt.
Als wir nach der Durchfahrt Richtung Camaret sur Mer abbiegen, muss die Maschine ran, damit wir noch am Nachmittag dort ankommen. 
Ich entdecke auf dem Seitendeck eine Mutter. Wie kommt die denn da hin? Mir dämmert's: Könnte die das Gegenstück zum Gewinde für den Großschotfußblock sein? Tatsächlich, passt! Schon wieder so ein Glück, dass das Ding nicht über Bord und auf Tiefe gegangen ist. Das Gewinde des Bolzen ist ein wenig vermackelt. Ich hole die Feile aus dem Werkzeugkasten und bastele so lange, bis die Teile wieder schmusig zusammenpassen. Der Voreigner Peter S. aus K. behauptete, er habe zwei linke Hände, besonders die rechte. Vielleicht ist es bei mir ja anders herum?

Camaret Turm

Wehrturm am Hafeneingang von Camaret sur Mer

Wir liegen in Camaret im äußeren Yachthafen. Der innere fällt bei Niedrigwasser teilweise trocken. Der Weg zum Hafenmeisterbüro ist daher sehr weit. Dort erklärt mir die junge Dame, dass sich die Waschräume und Duschen unter dem historischen Wehrturm befinden. Ich frage sie, ob die Duschen ähnlich historisch sind wie der Turm selbst. Sie versteht zuerst nicht, lacht dann aber und verneint. Naja, wir haben schon komfortablere Sanitärräume gesehen. Immerhin bietet der Strand auf der anderen Seite der Hafenmole karibisch anmutendes Türkis im Flachwasser.

Türkises Wasser am Strand von Camaret

Strand mit karibischer Wasserfarbe in Camaret

Nach dem Duschen machen wir uns landfein, um ein passendes Restaurant für das Geburtstagsessen zu finden. Wir laufen die ganze Wasserfront ab. Die Bars sind gut besucht, die Restaurants gähnend leer. Der Blick auf die ausgehängten Speisekarten grenzt immerhin die Auswahl ein. Merle entdeckt auf Google Maps ein Etablissement etwas außerhalb der Wasserfront. Gut, sehen wir uns an. Es geht den Berg hinauf, um die Kurve bis zum Kreisel. Dort angekommen stellen wir fest: Geschlossen. Also alles wieder zurück auf Anfang. Immerhin kommen wir an der Tourist Information vorbei, die freies WLAN verspricht. Da kann ich morgen die ersten Seiten des frisch gestalteten Blogs hochladen. Denn das Hafen-WLAN ist wie meistens ausgesprochen lahm.

Camaret sur Mer

Camaret sur Mer, vorn die Tourist Information

Wir nehmen eines der Restaurants aus unserer engeren Auswahl. Es sitzt nur ein deutsches Paar drin, sonst alles leer. Die Kellnerin ist sehr freundlich und bedient uns wie Premium-Gäste. Sind wir ja irgendwie am Geburtstag auch. Merle isst nicht so gern Fisch und bekommt deshalb ein Steak, ich ein interessantes 3-Gänge-Menü des Tages mit Rohkost als Vorspeise, einer Platte mit drei verschiedenen Fischarten sowie einem Flan "nach Großmutters Rezept" als Dessert.

Das ältere Ehepaar am Nachbartisch bestellt  Hummer. Sie werden mit Lätzchen ausstaffiert und mit dem geeigneten Werkzeug versorgt. Als sie dann doch etwas ratlos vor dem knallroten Tier sitzen, setzt sich die Kellnerin zu ihnen und zeigt ihnen, mit welchen Tricks man an die schmackhaften Bereiche herankommt.

Joli Ame in Camaret sur Mer

Joli Ame im Hafen von Camaret sur Mer

Als sie von uns erfragt, wohin die Reise gehen soll, berichtet sie, dass sie drei Jahre auf den Bermudas gearbeitet hat. Wir sollen die Inseln von ihr grüßen. Machen wir, wenn wir vorbeikommen.

Inzwischen war das Restaurant fast bis auf den letzten Platz besetzt. Wir waren vorhin wieder einmal einfach zu früh dran. Erst um acht strömten die Gäste herein. Fast alle hatten reserviert. Es gab auch ein paar Hotelgäste. Also haben wir wohl die richtige Auswahl getroffen. Auf dem Rückweg ist es kalt und dunkel, wir beeilen uns, in die Koje zu kommen.

Äußerer Hafen von Camaret sur Mer

Äußerer Hafen von Camaret sur Mer

Donnerstag, 14. Oktober 2021 bis Sonntag, 17. Oktober 2021

Auf dem Tagesplan steht Lebensmitteleinkauf für die Biskaya-Überquerung, Gang zur Post, um zwei Päckchen nach Deutschland bzw. Niederlande aufzugeben, und das Hochladen der ersten Blog-Seiten. Zuerst zur Post, Öffnungszeiten stehen im Internet, also alles okay. Denkste. An der verschlossenen Tür hängt ein Schild, die Zweigstelle sei zurzeit nicht besetzt. Man wende sich bitte an die Post im Nachbarort, Entfernung ca. 9 km. Na super! Wie sollen wir denn da hinkommen? Und jetzt? Soll ich die beiden Päckchen etwa noch bis Spanien mitnehmen?
Da betritt Thierry den Post-Vorraum, sieht das Schild, sieht uns ratlos und entscheidet kurzerhand: "Dann fahren wir eben nach Crozon. Steigt ein!" Äh, haben wir richtig verstanden? "Los, steigt ein, ich nehme euch mit. Habe sowieso in Crozon etwas zu erledigen."

Lebende Schalentiere im Supermarkt

Lebendige Schalentiere im Supermarkt in Camaret sur Mer

Das Auto von Thierry macht beim Bremsen merkwürdige Geräusche, er hat immer eine Hand an der Handbremse. "Muss mal repariert werden, die Bremse", spricht's und zündet sich die nächste Zigarette an. Wir kommen ins Gespräch. Er ist viele Jahre zur See gefahren und hat jetzt mit dem Herzen zu tun. Er mag partout nicht glauben, dass Merle 25 ist und ich gestern meinen 63. Geburtstag hatte; er habe sich und mich für gleichaltrig gehalten, er ist aber zehn Jahre jünger. Liegt's am Rauchen bzw. Nichtrauchen?

Nach der Post holt er in Crozon Papiere ab, fährt kurz nach Hause, um im Laufschritt ein Ordner zu holen ("für unser Pferd") und muss noch schnell am Supermarkt tanken. Dann geht es zurück nach Camaret, er bringt uns dort direkt zum Supermarkt. Als ich mich herzlich bedanke, sagt er: "Du bist ein Mann des Meeres, ich bin ein Mann des Meeres. Da hilft man sich, ist doch klar!" Ich gebe ihm die Domain für den Blog, er mir seine E-Mail- und facebook-Adresse. Dann springt er in sein Auto und mit kratzenden Bremsen ist er um die Ecke. Was für eine schöne Begegnung! Thierry, falls du das hier liest: Noch einmal großes Dankeschön!

Die Segelwurst des großen Vorsegels, die ich in Le Havre auf dem Vordeck festgebunden hatte, legen wir auf dem Steg ordentlich Falte auf Falte zusammen und packen die Rolle zurück in den Segelsack. Jetzt passt es durch die Luke der Backskiste.

Kapelle vor dem Hafen von Camaret

Kapelle vor dem Hafen von Camaret sur Mer



Auf dem Rasen vor der alten Kapelle machen wir ein paar Flugübungen mit der neu gekauften Drohne. Merle hat sie zuhause bisher nur vom Erdboden aus gestartet und gelandet. An Bord muss sie allerdings aus der Hand gestartet werden, was kein Problem ist, aber auch mit der Hand gefangen werden, was geübt sein will. Nach ein paar Fang-Landungen fühlen wir uns vorerst vorbereitet, wenn auch nicht wirklich sicher. Aber wird schon werden. 

Dann heißt es am Nachmittag Leinen los für die Biskaya. Die Wetteraussichten könnten besser nicht sein: schwacher ablandiger Wind aus Ost, keine Welle! Gibt es sowas auf der berüchtigten Biskaya überhaupt? In der friedlichsten Spätnachmittagsstimmung segeln wir sehr idyllisch aus der Bucht hinaus der Nacht entgegen. Wie bereits erwähnt, ist Am-Wind-Segeln nicht gerade die Stärke unserer Island Packet. Nachdem wir nach einer Stunde immer noch den Minileuchtturm in der Bucht in Sichtweite haben, werfen wir die Maschine an. Die läuft durch die ereignislose Nacht und weiter den ganzen nächsten Tag, weil es absolut keinen oder zu wenig Wind gibt. Am Morgen des zweiten Tages bekommen wir endlich Segelwind aus Ost. Glattes Wasser und leichter Wind bedeutet segeln wie auf der Innerste-Talsperre im Harz, wo ich auf der Varianta K4 unserer Familie Segeln gelernt habe. Hier nur eben ohne Berge.


Alles klariert, Welt wieder in Ordnung

Land in Sicht, Galizien in Sichtweite, Welt wieder in Ordnung, 

Kurz vor dem Ziel bekommen wir beim Landeanflug auf A Coruña in der letzten Nacht doch noch auf die Mütze. Der Wind dreht auf Südsüdwest, also dahin, wo wir hin wollen. Der Wind frischt auf 20 bis 25 Knoten auf, die Wellen werden höher. Zuguterletzt verweigert der Plotter seinen Dienst. Es piept von drinnen: Strom ist alle. Mist! Kühlschrank war zulange an. Außerdem Positionslichter, der bedeckte Himmel hat gestern zu wenig Solarstrom gebracht. Das alles kann der Windgenerator allein in der Nacht nicht ausgleichen. Ich bin im Krisenmodus, muss das allein ausbaden und lasse Merle schlafen. Immerhin habe ich redundante Plottersoftware auf zwei iPads mit vollgeladenen Akkus. Also ist Navigation kein Problem.

Als es Tag wird und Merle am Ruder sitzt, entspannen sich meine Nerven. Die Küstenwache funkt uns an und teilt mit, dass Kap Finisterre nicht sicher ist. Wir sollen keinesfalls weitersegeln, sondern einen Schutzhafen aufsuchen.

Während ich auf der Toilette bin, ruft Merle, irgendetwas sei nicht in Ordnung. Endlich fertig, schaue ich raus und sehe die Bescherung: Das kleine Vorsegel liegt halb auf dem Deck. Die Inspektion ergibt: Am Segelkopf ist das Gurtband durchgescheuert, das vom Fallschäkel gehalten wird. Segel ist unten, Fallschlitten ist oben. Außerdem hat sich beim Einrollen des großen Vorsegels durch das Schlagen des Segels ein Gordischer Knoten aus beiden Schoten gebildet. Ausrollen des Segels ist deshalb unmöglich. Unter Maschine laufen wir eine kleine Bucht mit einem Mini-Anleger an, um das Vorschiff zu klarieren. Wir ankern vor einer Felswand. Es ist sonnig, windstill und ruhig. Das beruhigt auch meine Nerven weiter. Ich winsche Merle mit dem Bootsmannsstuhl in den Mast, um den Fallschlitten nach unten zu bekommen. Wir fädeln das andere kleine Vorsegel ein und legen das defekte zusammen; geübt haben wir ja schon in Camaret mit dem großen. Entwirren von Gordischen Knoten ist eine Lieblingsbeschäftigung von Merle, diesmal eben im Bootsmannsstuhl auf halber Höhe - mal was anderes...

Als alles aufgeklart ist, geht es am Nachmittag unter Maschine in die Bucht von A Coruña. Mit dem Kreuzfahrtschiff war meine Familie bereits in Ferrol auf der Nordseite der Bucht. Dort finden wir eine perfekt geschützte Ankerbucht. Als wir dort ankommen, ist es später Abend und dunkel. Das Restlicht reicht aber, um einen geeigneten Ankerplatz zu finden. Erschöpft legen wir uns schlafen.

Der Skipper
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